Wölfe und Lämmer by Mischke Susanne

Wölfe und Lämmer by Mischke Susanne

Autor:Mischke, Susanne [Mischke, Susanne]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783492955676
Herausgeber: Piper (com)
veröffentlicht: 2014-10-24T00:00:00+00:00


V.

Sie stiegen in den Keller. Klara ging voran. »Wir tragen ihn hinten raus. Da komme ich mit dem Wagen gut ran, und wir müssen ihn nicht durch den ganzen Flur schleifen.«

Der Kellerausgang führte durch die ehemalige Waschküche, in der jetzt die Waschmaschine und der Trockner standen. Es war eine dicke Eichenholztüre am Fuß einer gemauerten Außentreppe. Der Schlüssel hing an der Wand neben der Tür, wo ihn Klara nun wegnahm und ins Schloß steckte.

»Komisch«, murmelte sie. »Warst du hier unten?«

»Bestimmt nicht.«

»Es war nicht abgeschlossen, verdammt.« Klara zog die Stirn in Falten.

»Was ist daran so schlimm?«

»Schlimm ist, daß jeder hier ein und aus gehen konnte, wenn wir nicht da waren. Womöglich bis in unsere Wohnungen, oder schließt du deine immer ab?«

»Nein, eher selten. Ich habe nichts zu verbergen.«

»Schön für dich«, meinte Klara. Der Gedanke, daß dieses Mädchen womöglich in ihrer Wohnung geschnüffelt hatte, verursachte ihr mindestens so viel Unbehagen wie die nun anstehende Aufgabe. Klara öffnete die Tür zur Wildkammer.

Der Tote war in Frühbeetfolie eingeschlagen, das selbe stabile Plastikzeug, mit dem Klara im Winter das Kräuterbeet vor Nachtfrösten schützte. An beiden Enden war die Plane zugeschnürt und stand über, so daß es aussah, als läge auf dem Boden des Kellers ein überdimensionales Bonbon. Durch die grünlichen Plastikschichten schimmerte es hautfarben.

»Er ist nackt«, stellte Robin fassungslos fest.

»Natürlich. Ißt du die Schokolade etwa mit der Verpakkung?«

»Klara, bitte, mir ist nicht nach solchen Scherzen.«

»Das war keiner.«

»Wo sind seine Klamotten?« wollte Robin wissen.

»Verbrannt. Sonst noch Fragen?«

»Ich wüßte zu gern, wer der Kerl war.«

»Komm, faß mit an«, drängte Klara ungeduldig.

Sie trugen ihn an den überstehenden Enden der Folie durch den Keller und die enge, stets feuchte Treppe hinauf. Oben stand schon Klaras VW-Transporter bereit. Sie hievten den Körper in den Laderaum und stiegen ein. Merlin heulte in Klaras Wohnung, als er sie wegfahren sah.

»Am Sonntag werde ich mit den Wölfen für ein paar Tage verschwinden.«

»Aha. Hat der große unbekannte Meister also das Signal gegeben?«

»Würdest du so lange Merlin versorgen?«

»Was denn, Merlin darf nicht mit in die Freiheit?«

»Er ist nicht geeignet. Er ist mehr wie ein Hund.«

»Wirklich? Oder hängst du zu sehr an ihm?«

»Ich hänge an ihnen allen«, gestand Klara.

»Ich werde die Bande auch vermissen.«

»Tatsächlich?«

»Ja, doch. Wer hat schon Wölfe vor seinem Schlafzimmer. Es war immer so schön gruselig, wenn sie mitten in der Nacht zu heulen anfingen.«

»Ja«, nickte Klara. »Das war schön.«

Sie schwiegen, bis das Gehöft am Dorfrand in Sicht kam. Robin stieg aus, öffnete das große Tor und schloß es hinter Klaras Wagen gleich wieder. Er sah sich um. Alles war ruhig. Klara rangierte ein paarmal, bis sie mit dem Heck so nah wie möglich an der Hintertür des Schweinestalles stand. Die Vordertür war leichter zu erreichen, aber man konnte sie von der Straße aus zu gut einsehen.

»Ich muß vorne herum. Da hinten paßt der Schlüssel nicht«, erklärte Robin.

Klara nickte und blieb im Wagen sitzen.

Robin umrundete das Gebäude. Die Schweine hatten die Ankunft der beiden bemerkt und angefangen zu lärmen. Robin schloß gerade die Stalltür auf, als Bauer Venske mit seinem Trecker herandonnerte. Er blieb stehen.



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